Verletzungen: Wie funktioniert die Wundheilung bei Hunden? | STERN.de

2021-12-14 17:59:12 By : Mr. Jay Lee

Viele Wunden sehen harmlos aus, sind aber hart. Bisswunden, insbesondere Katzenbisse, hinterlassen einige Millimeter große Stanzlöcher in der Haut von Hunden. Was zunächst wenig Besorgnis erregt, kann in der Tiefe zu übelriechenden eitrigen Infektionen führen. Denn mit dem Biss gelangen Keime aus dem Katzenmaul unter die Haut des Hundes. Stichverletzungen, zum Beispiel nach einem missglückten Sprung über den Stacheldraht oder durch Holzsplitter, Grannen und Dornen, können tiefere Strukturen treffen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Fremdkörper unter die Haut gelangt. Neben der Reinigung und Desinfektion der Wunde benötigt das Opfer häufig ein Antibiotikum – ein Grund, warum Biss- und Stichwunden einem Tierarzt vorgestellt werden sollten. Auch bei Schnittwunden ist ärztliche Betreuung erforderlich, insbesondere und sofort, wenn der Hund stark blutet und die Blutung nach etwa zehn Minuten nicht aufhört.

Eine gründliche Wundbehandlung ist meist nur unter Narkose möglich. Sogar das Reinigen, Scheren und Desinfizieren kann für manche Hunde ohne eine Schlafspritze schwer zu ertragen sein. Der Tierarzt spült die Wunde, desinfiziert sie, verschafft sich einen Überblick über das Ausmaß und entfernt Fremdkörper. Eine Wunde kann innerhalb von sechs Stunden nach dem Unfall problemlos genäht werden. Die Nähte werden in der Regel nach etwa zehn Tagen gezogen. Einige Praxen verwenden selbstauflösende Fäden, bei denen der unter der Haut liegende Teil des Fadens vom Körper abgebaut wird und der äußere Faden dann von selbst abfällt.

Infizierte Wunden werden dagegen nicht verschlossen, sie bleiben offen und Patient und Besitzer müssen geduldig warten, bis das Gewebe langsam vom Wundrand über die verletzte Haut wächst. Tierärzte bezeichnen dies im Fachjargon als sekundäre Wundheilung. Alles infizierte Gewebe wird aus der Wunde entfernt, damit es die Heilung nicht beeinträchtigt.

Hunde wie Menschen können Tetanus bekommen, Tetanus. Das Bakterium Clostridium tetani, der Erreger von Tetanus, fühlt sich bei tiefen Stichwunden in einer sauerstoffarmen Umgebung besonders wohl. Es produziert ein Neurotoxin, das Tage oder Wochen nach der Verletzung zu schrecklichen Anfällen führen kann. Im Gegensatz zum Menschen ist eine Tetanusinfektion bei Hunden jedoch äußerst selten. Wer dennoch auf Nummer sicher gehen möchte, kann seinen Hund gegen Tetanus impfen lassen. Wichtiger ist jedoch eine Impfung gegen Tollwut, insbesondere bei Bissen mit Wildtieren. Denn bei Tollwutverdacht für ungeimpfte Hunde müssen sie in Quarantäne. Jede Wundversorgung endet mit einer sorgfältigen Wundabdeckung.

Pflaster oder trockene Verbände haben ausgedient. Bis heute glaubt man, dass Wunden an der Luft am besten heilen, doch nach tierärztlicher Forschung ist das Gegenteil der Fall: Ein feuchtes Wundklima bietet optimale Bedingungen für eine schnelle Heilung und sorgt zudem dafür, dass sich keine Krusten bilden. Dadurch wird auch das Risiko einer starken Narbenbildung verringert. Moderne Verbandmaterialien verschließen die Wunde luftdicht, Wundgele sorgen für ein günstiges Mikroklima, in dem die Hautzellen optimal ihrer regenerierenden Arbeit nachgehen können.

Feuchte Verbände müssen nicht täglich gewechselt werden und reduzieren so den schmerzhaften Eingriff für den Verletzten. Heute versucht man, den natürlichen Heilungsprozess so wenig wie möglich zu stören. Lokale antibiotische Salben werden weitgehend vermieden. Wenn Antibiotika notwendig sind, wie es bei einer Bisswunde der Fall ist, werden diese per Spritze oder als Tablette verabreicht. In der Wunde verursachen sie nur unnötige Reizungen und Widerstände.

Im Mikrokosmos der Hautzellen hinterlässt jede Verletzung ein Schlachtfeld: zerstörtes Gewebe, gerissene Blutgefäße und Nervenfasern, Blut fließt heraus. Doch schon nach kurzer Zeit ziehen sich die Blutgefäße zusammen und die Blutung lässt nach.

Thrombozyten beeilen sich. Dies sind Zellen, die die Blutgerinnung unterstützen. Sie bilden mit ihren Zellkörpern ein Blutgerinnsel, das die Gefäße verschließt und die Wundhöhle ausfüllt. Anfänglich wird das Blutgerinnsel durch ein Netzwerk aus klebrigen Fasern namens Fibrin verstärkt. Etwa zehn Minuten nach der Verletzung hört die Blutung auf und die Wundhöhle wird mit geronnenem Blut gefüllt und verschlossen. Das Fibrinnetz zieht sich zusammen, so dass sich die Wundränder nähern.

Fresszellen wandern nun aus den Blutgefäßen zum Unfallort und entfernen abgestorbene Zellen, Blutgerinnsel und Keime aus der Wunde, indem sie einfach alles schlucken. Jetzt tritt Wundwasser aus der Wunde, das ist völlig normal. Wenn es an der Oberfläche klebt, entsteht der Schorf. Die Wunde ist nun gut durchblutet und empfindlich, die Stoffwechselprozesse laufen auf Hochtouren.

PAIN verhindert eine übermäßige Belastung des Wundbereichs. Nach einigen Stunden beginnen neue Gefäße in die Wunde einzuwachsen. Sie versorgen das Wundgebiet mit Sauerstoff. Fibroblasten bilden aus den Wundrändern Bindegewebsfasern, in die sich andere Zellen einlagern. Es entsteht das Granulationsgewebe einer mehrere Tage alten Wunde. Das Leck in der Haut wird von unten aufgefüllt. Am Ende bildet sich an der Oberfläche die neue äußere Hautschicht. Von der Wunde ist nur noch eine weiße Linie übrig, die Narbe. Es ist weiß und besteht vollständig aus Bindegewebe. Ihr fehlen Blutgefäße, Haare und Nervenfasern.

Wenn die Aufregung nachgelassen hat und der Hund nach dem Praxisbesuch im Körbchen wieder zufrieden ist, beginnt die eigentliche Herausforderung für den Besitzer. Denn Hunde haben den sprichwörtlichen Drang, ihre Wunden zu lecken. Schließlich schmerzt und juckt die Wunde. Der lästige Juckreiz wird durch verschiedene Stoffe wie Histamin verursacht, die bei der Reparaturarbeit der Zellen freigesetzt werden. Dieser Juckreiz hat jedoch keine wirkliche Bedeutung, er scheint ein Nebenprodukt der Evolution zu sein. Der Hundebesitzer tut jedoch gut daran, sein Tier daran zu hindern, den feuchten Wundverband mit den Zähnen aus der Wunde zu reißen oder das Gel abzulecken. Tierärzte verschreiben Schmerzmittel, um Wundschmerzen zu bekämpfen.

Eine neuere Studie ergab, dass bestimmte Stoffe im Speichel die Wundheilung fördern, die vorherrschenden Auswirkungen des Leckens jedoch eher negativ sind. Die Zunge des Hundes ist mit unzähligen Keimen besiedelt und infiziert die gereinigte und desinfizierte Wunde immer wieder neu. Tatsächlich entstehen einige Wunden durch ständiges Lecken und Beißen der Haut! Bellos Zunge lässt sich am besten mit der Halskrause in Schach halten. Der Fachhandel hat heute bessere Modelle im Angebot als die früher üblichen Plastiktrichter, mit denen Hunde wie Stuhlbeine Türrahmen in der gesamten Wohnung und Gläser vom Couchtisch durchschlagen. Beim Tierarzt gibt es weiche, aufblasbare Manschetten, die den Nacken ruhigstellen und den Aktionsbereich der Zunge auf ein Minimum beschränken. Fragen Sie danach.

In manchen Fällen sehen Wunden in der Hundehaut nach Monaten, manchmal sogar Jahren und trotz größter Geduld der Hunde und ihrer Besitzer nicht besser aus als am Tag der Wunde. Sie sehen oft schlimmer aus, weil sich das Gewebe infiziert hat oder abgestorben ist. Solche Wundheilungsstörungen haben bei Hunden und Katzen in den letzten Jahren stetig zugenommen, berichten Experten. Offensichtlich registrieren Tierärzte immer mehr Fälle, in denen chronische Wunden Hunde und Halter monatelang beschäftigen. Ein Grund dafür sind multiresistente Keime, die zu einer chronischen Infektion führen und so die normale Wundheilung behindern.

MRSA, in der Fachsprache die Abkürzung für Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus, ist ein so hochresistentes Bakterium, das in Krankenhäusern und Tierkliniken vorkommt, also überall dort, wo viel Antibiotika eingesetzt werden. Durch den sorglosen Umgang mit Antibiotika entstehen Krankheitserreger, gegen die es anscheinend kein Kraut gibt. Die Ursache einer verzögerten Wundheilung kann auch eine fehlende Ruhigstellung oder ständige Spannung im Wundbereich sein.

Schürfwunden sind oberflächliche Verletzungen der Haut, sie sehen oft schlecht aus, heilen aber relativ schnell. Behandlung: Mit Leitungswasser auswaschen, Steine, Splitter o.ä. mit desinfizierter Pinzette entfernen. Vermeiden Sie es, die Wunde nach Möglichkeit zu berühren oder abzuwischen. Legen Sie keine Mullkompressen auf Schürfwunden, da diese an der Wunde kleben und neu gebildete Epithelzellen abreißen, sobald sie entfernt werden. Besser ist es, Wundgele aufzutragen, die die feuchte Wundheilung unterstützen. Bei allen Wunden muss das Fell um die Wunde herum abgeschnitten werden, wobei darauf zu achten ist, dass die abgeschnittenen Haare nicht in die Wunde gelangen.

Bei Schnittwunden werden meist tiefere Schichten und Blutgefäße verletzt. Durch die Blutung werden die Keime aus der Wunde gespült, weshalb hier nicht immer eine Desinfektion notwendig ist. Die Blutung sollte zunächst mit einem Druckverband oder durch Druck auf die Wunde gestillt werden. Dazu wird eine Mullkompresse oder ein sauberes Tuch auf die Wunde gelegt und festgedrückt oder mit einem Mullverband fest umwickelt. Bei anhaltender Blutung ist es sinnvoll, einen zweiten Verband über den ersten zu legen. Sollte es immer noch bluten, kann die versorgende Arterie abgebunden werden und der Vierbeiner muss dann schnellstmöglich zum Tierarzt gebracht werden. Schnitte können in den ersten sechs Stunden nach dem Unfall genäht werden. Verletzungen am Fußballen werden in der Regel nicht vernäht, sondern heilen offen aus.

Schnittwunden sind das Ergebnis eines Schlags. Sie entstehen hauptsächlich dort, wo die Haut ungepolstert auf dem Knochen liegt. Auch hier ist die Ansteckungsgefahr eher gering, da die Blutung die Keime aus der Wunde drückt. Die Wundränder sind meist ausgefranst und Schnittwunden müssen oft genäht werden.

Punktionswunden schließen sich schnell und es treten keine größeren Blutungen auf. Allerdings kann ein Fremdkörper wie ein Dorn oder Holzsplitter in der Wunde stecken bleiben. In die Wunde eingedrungene Infektionserreger können sich in einer sauerstoffarmen Umgebung wunderbar vermehren. In sehr seltenen Fällen können solche Wunden eine Eintrittspforte für den Tetanus-Erreger sein. Erste Maßnahmen: Stichwunde auf Fremdkörper untersuchen, auswaschen und desinfizieren.

Bei Bisswunden ist die Ansteckungsgefahr besonders hoch, da sich Bakterien im Speichel und auf den Zähnen tummeln. Bei Bissverletzungen ist eine tierärztliche Behandlung unumgänglich, auch wenn der Biss nur kleine Löcher hinterlassen hat. Der Tierarzt reinigt und desinfiziert die Wunde und verschreibt dem gebissenen Tier ein Antibiotikum.

Verbrennungen sollten so schnell wie möglich mit kaltem Wasser zehn bis zwanzig Minuten lang gespült werden, um weitere Hautschäden zu vermeiden. Keine Salben oder Cremes auftragen, sie schädigen die Haut und erhöhen das Infektionsrisiko, wasserlösliches Gel und Verband sind besser. Bei Verbrennungen ersten Grades innerhalb eines Tages zum Tierarzt, bei Verbrennungen zweiten und dritten Grades sofort zum Tierarzt.

Wundheilungsstörungen sind oft Folge von Grunderkrankungen, die zu einer schlechten Sauerstoffversorgung des Wundgebietes führen. Dies ist bei Diabetes mellitus der Fall. Auch die Haut älterer Hunde wird weniger gut durchblutet, wodurch Reparaturmechanismen verlangsamt werden. Auch ein geschwächtes Immunsystem oder bestimmte Medikamente wirken sich auf eine gesunde Wundheilung aus. Für Tierbesitzer bedeutet dies monatelanges Salben, Spülen und Verbandwechsel. Wiederholte chirurgische Eingriffe sind nicht selten notwendig.

Zur Stimulierung der Wundheilung werden neuerdings Laser oder sogenannte Kaltplasmen eingesetzt (siehe Fotos). Ein Plasma ist ein energiereiches Gas, das mit Ionen und Elektronen geladen ist. Es stimuliert die Zellen in der Wunde, tötet Keime ab und regt so die Wundheilung an. Dazu schlängelt sich der Tierarzt mit einer kalten Flamme über die Wunde. Dies tut dem Tier nicht weh, dauert einige Minuten und hat keine Nebenwirkungen. Die Behandlung wird zweimal wöchentlich durchgeführt. Ähnliche Wirkungen hat die Therapie mit einem Softlaser, der den Stoffwechsel der Hautzellen anregt und die Durchblutung des Wundgebietes verbessert.

Besonders nach Verkehrsunfällen oder Verbrennungen sehen Tierärzte sehr große Hautdefekte. Wenn Hunde über Asphalt oder Kies geworfen werden, entstehen große Hautabschürfungen. Die bei Hunden registrierten Verbrennungen werden hauptsächlich durch den Kontakt mit Chemikalien oder durch tropfende heiße Flüssigkeiten verursacht.

Bei großen Wunden reicht die Haut des Hundes nicht aus, um die Wunde zu schließen. Die offene Heilung dauert lange, Komplikationen sind keine Seltenheit. Hier können Hauttransplantationen helfen. Dazu verwendet der Tierarzt körpereigene Haut, die er zuvor von einer anderen Körperstelle entfernt hat. Es wird normalerweise von der Seite der Brustwand entnommen, wo die Haut locker liegt und leicht bewegt werden kann. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, sogar das Fell wächst auf der transplantierten Haut nach.

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